Schlaftrainer und Ergonomieberater Bjoern Steinbrink

Vergleich: Kaltschaum oder Taschenfederkern? Wo liegt der Unterschied?

Geschrieben von Schlafnavigator Bjoern Steinbrink c/o Der Schlafraum | 28. Oktober 2015 10:16:15 Z

Was kaufen? Taschenfederkern oder Kaltschaum? Zum Einstieg möchten wir folgende Fakten darlegen: In knapp 90% aller Schlafzimmer weltweit liegen die Menschen nicht auf einer Kaltschaummatratze. Global gesehen schlafen deutlich mehr Menschen auf Taschenfederkern-Matratzen als auf Kaltschaum-Matratzen.

Unsere Tipps zum Matratzenkauf kurz und knapp auch auf YouTube:

Wir sind ein Einzelhandelsunternehmen in Wuppertal mit Schwerpunkt auf Schlafberatung, welches sowohl ausgewählte Kaltschaummatratzen als auch Taschenfederkern-Matratzen (Bonellfederkern und Tonnentaschenfederkern) unterschiedlicher Preisklassen vertreibt. Wir bieten unseren Kunden generell ein 111-tägiges Umtauschrecht an, um die gekauften Matratzen ausgiebig zu testen und im Notfall zurückzugeben. Unsere umfangreichen Erfahrungen möchten wir in diesem Beitrag gern mit Ihnen teilen.


 

Warum schlafen weltweit mehr Menschen auf Taschenfederkern?

Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Eine Taschenfederkern-Matratze hat die bessere Durchlüftung und Taschenfederkern-Matratzen sind haltbarer. Insgesamt ist die Käuferzufriedenheit bei Taschenfederkern-Matratzen deutlich höher.

Trotzdem ist dieser Trend in Deutschland noch nicht wirklich angekommen:

Warum schlafen in Deutschland im Gegensatz zum weltweiten Trend so viele Menschen auf Kaltschaum-Matratzen?

Das Thema „Kaltschaum-Matratze“ ist eine eher deutsche Angelegenheit. Das liegt daran, dass der gesunde Schlaf in Deutschland in der Vergangenheit keinen Wert hatte. Es wurde eher nach einem Schnäppchen als nach einer guten Matratze gesucht. In jedem Prospekt findet man die berühmten erlogenen Streichpreise (starke Rabatte auf zuvor künstlich erhöhte Preise), welche sich meist auf Schaummatratzen beziehen.

Das vermeintlich günstige Möbelhaus verdient dabei meist mehr an einer Matratze für 300,00 Euro als ein Fachgeschäft an einer hochwertigen Matratze für 700,00 Euro. Die Matratze im Möbelhaus oder Discount hat einen reellen Wert von 20,00 Euro und wird mit einem Streichpreis von 900,00 Euro angegeben. Viele deutsche Verbraucher glauben das und kaufen das vermeintliche Schnäppchen.

Das Problem: Billiger Kaltschaum fühlt sich erst einmal im Liegegefühl ganz gut an, was aber nicht von langer Dauer ist. Bei Taschenfederkenmatratzen ist diese Täuschung deutlich schwerer. Hier gibt es nur wenige Ausnahmen im Billig-Segment, bei welchen die schlechte Qualität aber meist direkt spürbar ist.

Aus diesem Grund werden in Discountgeschäften mehr Kaltschaummatratzen verkauft und aus diesem Grund haben auch viele Deutsche eine Schnäppchen-Kaltschaummatratze in ihrem Bett liegen, mit der sie eigentlich unzufrieden sind.

Ist Taschenfederkern besser als Kaltschaum?

Bei diesen Aussagen gilt es zu berücksichtigen, dass hier nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden. Wir sprechen von qualitativ guten Matratzen (sowohl im Bereich Taschenfederkern-, als auch im Bereich der Kaltschaummatratzen) und nicht von irgendwelcher minderwertigen Discountware. Wir möchten die oben aufgeführten Punkte im Folgenden einzeln beleuchten:

Physikalische Eigenschaften

Alleine die physikalischen Eigenschaften von einem guten Taschenfederkern sind einem Kaltschaum haushoch überlegen. Selbst eine Kaltschaummatratze für über 1.000,00 Euro kommt selten an eine gute Taschenfederkern-Matratze, die in den meisten Fällen weniger kostet, heran. Allerdings spielt auch das Liegegefühl eine wichtige Rolle und wer hier kein Freund von Taschenfederkern ist, wird auch im Kaltschaumbereich fündig. Natürlich gibt es auch hochwertige Kaltschaum-Matratzen, die durchaus empfehlenswert sind.

Dazu zählt die 7-Zonen-Kaltschaummatratze, welche, wie der Name schon sagt, aus sieben Bereichen mit unterschiedlichen Härtegraden besteht. Diese Aufteilung ermöglicht einen hohen Liegekomfort und ist rückenschonend, da sie sich an die verschiedenen Körperstellen anpasst. Die sieben Zonen der Matratze sind meist symmetrisch angeordnet, was ein Drehen der Matratze ermöglicht. Kopf- und Fußzonen haben einen mittleren Härtegrad und im Bereich der Schultern sorgt der etwas weichere Teil für ein komfortables Liegegefühl.

Als gutes Beispiel für eine hervorragende Kaltschaum-Matratze würde ich gerne die Matratze “Metzeler Style” anführen. Hier wird deutlich aufgezeigt, dass reine Oberflächenschnitte meist nicht ausreichen. Denn die “Style” punktet durch in Zonen angeordnete Röhren im Inneren und einen perfekten Würfelschnitt an der Oberfläche – so gibt es ein perfektes Zusammenspiel zwischen Druckentlastung und Unterstützung. Außerdem sorgt die Röhrenstruktur für eine deutlich bessere Durchlüftung als es bei den meisten anderen Kaltschaum-Matratzen der Fall ist.

Die Unterklassen: Bonellfederkern und Tonnentaschenfederkern

Die punktuelle Anpassungsfähigkeit eines guten Taschenfederkerns ist selten von einem Kaltschaum zu realisieren. Zu den Taschenfederkernmatratzen gehören auch die Unterklassen Bonellfederkern und Tonnentaschenfederkern. Diese unterscheiden sich in der Form der Feder: Während die Tonnenfedermatratze Federn in bauchiger Tonnenform hat, gleicht die Feder der Bonellfederkernmatratze einer Sanduhr, die im mittleren Teil etwas schmaler ist.

Die vorhandenen Freiräume zwischen den Bonellfedern garantieren einen guten Feuchtigkeitstransport und konstante Luftzirkulation. Sie sind eher für leichtere Menschen geeignet, da die Federn wenig bei Bewegung nachschwingen und vor Bruch geschützt werden sollten. Zudem ist die Punktelastizität sehr gering.

Die Tonnentaschenfederkernmatratze ist deshalb um einiges stabiler gebaut und vor allem punktelastischer. Bei jeglicher Bewegung gibt die betroffene Feder nach – und nicht gleich die ganze Matratze.

Achtung, Tonnentaschenfederkern ist also nicht gleich Taschenfederkern! Tonnentaschenfederkernmatratzen zählen zwar zur Gruppe der Matratzen mit Taschenfederkern, aber die tonnenartige Form der Federn stellt eine Besonderheit dar. Der Federkern besteht je nach Qualität aus 400 bis 800 einzelnen Tonnentaschenfedern, die von einem Kalt- oder Komfortschaum umgeben sind.

Kaltschaum? Nicht ohne Beratung!

Ein Taschenfederkern stellt sich meist deutlich besser auf den Körper ein als ein Kaltschaum. Der Kaltschaum ist ein Maßanzug, und von 10 Matratzen passt meist maximal eine zu dem suchenden Käufer. Wer hier nicht eine perfekte Beratung erhält, wird mit Kaltschaum nicht glücklich. Genau in diesem Punkt ist übrigens auch die absolute Fehleinschätzung der Stiftung Warentest zu finden, die einen Allrounder im Kaltschaumbereich gesucht hat und natürlich nicht fündig geworden ist (siehe Test 09.15).

Der Unterschied zwischen Kaltschaum- und Komfortschaummatratze

Beide werden aus PUR-Schaum gefertigt, allerdings gibt es Unterschiede bei der Herstellung: Die offene Struktur der Luftbläschen ist vorher bei der Komfortschaummatratze kaum bestimmbar, was die Matratze härter macht bzw. unelastischer. Komfortschaum wird als atmungsaktiver als Kaltschaum beschrieben und kommt besser mit hoher Luftfeuchtigkeit zurecht. Und aufpassen: Kaltschaum und Komfortschaum werden gern verwechselt, aber es sind zwei unterschiedliche Arten von Matratzen.

Da die Komfortschaummatratze weniger elastisch ist, kann sie auch weniger Einfluss nehmen auf bestimmte Liegepositionen. Zudem ist die Komfortschaummatratze genauso wie die Bonnell Federkernmatratze für leichtere Personen ausgelegt. Die Taschenfederkernmatratze ist für jede Gewichtsklasse geeignet und gewinnt an Zuspruch durch die hohe Punktelastizität.

Umtauschquote Taschenfederkern und Kaltschaum im Vergleich

Die Umtauschquote von Taschenfederkern ist deutlich geringer. Auch hier betrachten wir natürlich nur Qualitätsware. Wer eine Taschenfederkern-Matratze für 300.- Euro erworben hat, wird diese auch nach 4 Wochen lieber wieder abgeben wollen. Das ist zumindest in den häufigsten Fällen so. Wir sprechen also von Taschenfederkernmatratzen ab 500.- Euro im Vergleich zu Kaltschaum-Matratzen ab 500.- Euro.

Durchlüftung: ein Argument für Milbenallergiker und „Vielschwitzer“

Taschenfederkern hat die bessere Durchlüftung. Bei einem Taschenfederkern kann in jeder einzelnen Feder Luft zirkulieren und somit ein Abtransport von Feuchtigkeit vorgenommen werden. Je weniger Feuchtigkeit in einer Matratze steckt, desto weniger Nährboden gibt es für Milben. Daher ist eine Taschenfederkernmatratze auch eine gute Lösung für Allergiker.

Und hier sei nochmals der Hinweis auf die Qualität erlaubt. Der Bezug einer Matratze macht bis zu 30% des Matratzenpreises aus! Warum? Der Matratzenbezug muss atmungsaktiv, widerstandsfähig und anpassungsfähig sein. Und das sollte für mindestens 25.000 Stunden Schlaf so bleiben, denn soviel Zeit verbringt man durchschnittlich auf einer Matratze.

Suchen Sie mal ein Textil (eine Jacke, einen Pullover, eine Hose), welches Sie 25.000 Stunden nutzen möchten. Wenn Sie ein Textil auswählen, welches die oben aufgeführten Anforderungen erfüllen soll (ist aber bei Kleidung unmöglich!), würden Sie zum Beispiel für eine Winterjacke auch 300.- Euro ausgeben. Oder glauben Sie, dass eine Winterjacke für 60.- Euro ebenso gut ist wie eine für 300.- Euro? Nicht? Warum glauben Sie das dann bei Matratzen bzw. den Matratzenbezügen?

Haltbarkeit/Langlebigkeit von Taschenfederkern- und Kaltschaumatratzen im Vergleich

Taschenfederkernmatratzen sind haltbarer. Hier muss man erwähnen, dass jede Matratze nach ca. 12 Jahren aus hygienischen Gründen ausgetauscht werden sollte. Auch jede Kaltschaummatratze sollte diese Laufzeit unbeschadet überstehen. Wenn Sie eine Kaltschaummatratze haben, die schon eher an Stützkraft verliert, ist der Grund sicherlich in der fehlenden Qualität zu suchen.

Kaltschaum ist anfälliger für Schweiß, Körpersalze oder andere Körperflüssigkeiten. Der Schaum zersetzt sich im Laufe der Zeit und wird weicher. Egal, was man für die Matratze gezahlt hat. Das liegt unter anderem auch an der teilweise deutlich schlechteren Durchlüftung. Selbst ein System wie die „Airchannels“ von der Firma Metzeler, welche im Kaltschaumbereich mit die beste Durchlüftung auf dem Markt bieten, sind diesem Prozess unterworfen.

Unser Fazit

Grundsätzlich ist der Taschenfederkern dem Kaltschaum überlegen. Wer allerdings lieber auf Kaltschaum nächtigen möchte, wird auch hier sehr gute Varianten finden. Allerdings ist hier die richtige Wahl ohne eine zuverlässige Fach-Beratung deutlich schwieriger.
Verlassen Sie sich auf keinen Fall auf Aussagen der Stiftung Warentest. Aus unserer Perspektive gibt es neben den wirklich absolut falschen Messmethoden und Testkriterien, auch sonst viele zweifelhafte Aussagen. Wer sich mit ein wenig Logik und Menschenverstand die Testergebnisse ansieht, wird den Aussagen keinen Glauben mehr schenken.

Es gibt sicherlich auch hervorragende Kaltschaum-Matratzen. Was diese ausmachen und worauf Sie achten sollten, haben wir in diesem Beitrag zusammengefasst.