Ich liebe meinen Job, da man auch sehr viele skurrile und lustige Geschichten erlebt. Heute hat eine ältere Dame bei mir einen Termin zur Schlafberatung vereinbart und kam mit diesem Artikel der Westdeutschen Zeitung in der Hand ins Geschäft.
Eine Kundin anderer Art!
Sie hatte sich bestimmte Stellen gelb markiert und wollte mit mir darüber reden. Im ersten Moment dachte ich, dass ich der Dame erklären soll, warum die von uns angebotenen Matratzen 500,00 Euro und mehr kosten, der Testsieger ab nur 199,00 Euro. Aber es kam ganz anders!
„Verklagen Sie die Westdeutsche Zeitung – die sind ja gemeingefährlich“, so der Start ins Gespräch. Ich musste natürlich grinsen, denn so eine Aufforderung hat einen gewissen Charme. „ich habe meine Abo (pers. Anmerkung: seit über 30 Jahren Abonnentin) jetzt gekündigt. So einen Mist zu schreiben….“, ging es lautstark weiter.
Ich klärte die Dame erst einmal auf, dass die Westdeutsche Zeitung sicherlich nicht selber Verfasser der Zeilen ist, sondern einfach nur der Text der Stiftung Warentest abgedruckt wurde, ohne irgendetwas zu überprüfen. „noch schlimmer – sind die zu faul selber zu arbeiten?“, fiel mir die Dame ins Wort.
Ich selber bin wirklich kein Freund der Westdeutsche Zeitung und deren Pressearbeit, aber ich ertappte mich dabei, das Haus zu verteidigen. Ich erläuterte das das gängige Praxis sein, um Geld zu sparen und sich auch bei anderen Themen häufig nur der Deutsche Presseagentur bedient würde. „Dann sitzen da eben Idioten“, kam schlagartig zurück.
Ich wollte nun aber wissen, was ich den jetzt für sie tun könnte. Sie erläuterte mir, dass Sie bis zu Ihrer Rente jahrelang im Gesundheitswesen beschäftigt war und die Wichtigkeit von gutem Schlaf kennen würde. Sie regte sich über die Art und Weise des Artikels auf, in welchem es nie um Ergonomie, sondern immer nur um den Preis geht.
Sie hatte sich auch den Teil markiert, in welchem es um das Thema „viskoelastischer Schaum“ geht. „Dien Tester haben keinen Unterscheid gefunden, wie blöd sind die denn?“, ging die Schimpftirade weiter. „Wir haben schon vor Jahren Viskoauflagen im Krankenhaus genutzt, weil sie eben einen Unterschied machen“, schob sie nach.
Ich kann nicht widersprechen!
Natürlich musste ich ihr aus fachlicher Sicht Recht geben, aber was sie nun mir erwartete, wusste ich immer noch nicht. Sie erzählte mir nun viel von Ihrer gesundheitlichen Leidensgeschichte und von ihrem ehemaligen Job. Sie hatte sich im Laufe der Jahre viel Wissen angeeignet, auch was das Thema „Schlaf“ angeht. Sie ärgerte sich über die oberflächliche Berichterstattung und die falschen Schlüsse die Endkunden eventuell daraus ziehen. „Wenn Kunden jetzt einfach blind aufgrund des Berichtes so eine Matratze kaufen, schaden sie eventuell ihrem Körper, da sie einfach ergonomisch nicht passen“, war ihre Sorge – berechtigt!
Und dann kam der Hammer…Sie drückte mir eine Visitenkarte ihres Schwiegersohns in die Hand. „Rufen sie ihn an und gehen sie dagegen vor. Sie sind der absolute Experte für Schlaf und er ist der beste Rechtsanwalt im Bergischen Land“. Ich fragte mal höflich nach, ob ihr Schwiegersohn von der Thematik wüsste. „er hat mir verboten zu Ihnen zu gehen – aber sie müssen ja nicht sagen, dass ich bei Ihnen war“, sagte sie in flüsterndem Ton.
Wir haben uns noch fast eine Stunde über Gott und die Welt unterhalten, bis sie sich dann verabschiedete. Ich hatte ihr erklärt, dass ich die WZ nicht verklagen würde, ich mich aber sehr für ihr Engagement bedanke. Die Visitenkarte von ihrem Schwiegersohn würde ich aber mal behalten – für alle Fälle. Ob Sie jetzt nur auf Kundensuche für Ihren Schwiegersohn war oder wirklich das Thema im Fokus stand, könnte ich jetzt gar nicht mehr sagen. Es war aber ein sehr spannendes Gespräch und hat mir auch sehr viel Spaß gemacht. Es ist schön zu hören, dass es Menschen gibt welche Dinge hinterfragen und nicht einfach alles hinnehmen, was gesagt wird oder irgendwo geschrieben steht.